Welcher Name passt zur Hauptfigur - Teil 2. Unsortiert herumliegende Scrabblesteine. Photo by Clarissa Watson on Unsplash

Welcher Name passt zur Hauptfigur – Teil 2

So ein Name ist manchmal eine echt komplizierte Sache. Besonders in der Fantasy kann die Namensgebung manchmal echt daneben gehen. Einige Namen sind eine Abwandlung eines bekannten Namens, dem noch ein paar Akzente hinzugefügt wurden wie bei Léogâlâs. Andere sind so offensichtlich, dass ich als Oberschurkin sofort meine Truppen losschicken würde. Darüber hatte ich mich ja in Teil 1 ausgelassen.
Wie also benennen wir die Heldin am Besten, ohne eine Kopie der Kopie zu machen oder gleich zu viel zu verraten?
Grundsätzlich soll der Name gut klingen. Es geht immerhin um deine Heldin! Ich finde sogar, dass auch Schurken einen gut klingenden Namen verdient haben.

Was schön klingt, ist, genau wie Salzlakritze, natürlich Geschmackssache. Bestimmte Buchstaben sollen besonders angenehm oder hart sein. K und T klingen eher hart und offene Vokale wie A und O machen angeblich den Klang eines Namens angenehmer und damit schöner. Ich persönlich habe eine Vorliebe für Namen, die mit E anfangen *hüstel*

Letztlich musst du entscheiden, was für dich schön klingt. Probier es einfach aus. Und nein, es ist nicht peinlich, mögliche Namen deiner Hauptfigur laut auszusprechen, sondern Teil des Schreibens.

Soll der Name eine Bedeutung haben?

Ein klarer Fall von kann, aber muss nicht. Ich finde es oft sehr schön, wenn der Name eine Bedeutung hat. Und es haut dir niemand auf die Finger, wenn du deine Luftschiffskapitänin Caelia (von Lateinisch caelum = Himmel) nennst oder deine Heldin den Namen ihrer verschollenen Großtante trägt.

Aber manchmal werden Namen in der Fantasy mit mehr Bedeutung vollgestopft als eine U-Bahn zur Rushhour. Und Namen, die drei Meilen gegen den Wind „Heldin“ oder „fieser Oberschurke“ schreien, sind laaaangweilig.

Also, hier ist Fingerspitzengefühl angesagt.

Aber wie findest du denn jetzt einen Namen?

Ich hab da mal was vorbereitet. Und ja, ich arbeite genau so. Manchmal fallen mir Namen auch einfach so ein, aber wenn ich nicht weiter weiß, habe ich mittlerweile ein ordentliches Arsenal an Methoden zur Namensfindung zusammen. Alles, was ich hier aufgelistet habe, wurde von mir praktischen Tests unterzogen.

Ein kleiner Tipp vorweg: wenn du unterwegs einen Namen findest, der ganz passabel klingt, aber nicht für deine Heldin, ihren zukünftigen Liebhaber oder den Schurken geeignet ist: schreib ihn auf eine Liste für später. Auch Nebenfiguren brauchen Namen.

Mein Vater und meines Vaters Vater

Ganz banale Frage, aber wie heißen eigentlich die Eltern deiner Heldin? Oder deren Eltern? Ich weiß nicht, wie dir das geht, aber ich bin schon mindestens 10 Menschen begegnet, die nach einem Eltern- oder Großelternteil benannt wurden.

Warum gibt es das in der Fantasy eigentlich so selten? Gerade bei irdischen Herrschern wurden Namen weitergereicht oder bei Adoption übernommen, die römischen Kaiser sind da ein besonders … ähm gruseliges Beispiel, die haben den Namen ihres Adoptivvaters angenommen und dann heißen mal eben drei Kaiser in Reihe gleich.

Warum also sollte die Prinzessin nicht so heißen wie ihre Mutter? Nur eventuell mit einem anderen Rufnamen?

Namenslisten

Ich weiß, das klingt total einfach. Aber es gibt im Internet eine Liste für fast alles.

Es gibt auch schon eine ganze Reihe Namenslisten mit Fantasynamen. Die würde ich persönlich aber nur zur Inspiration nehmen, immerhin hat sich da jemand anderes den Aufwand gemacht, sich etwas auszudenken. Die einfach zu übernehmen, fühlt sich für mich an, als würde ich deren Arbeit klauen. Oder es sind Namen, die aus Büchern zusammengesammelt wurden. Und Abschreiben ist zwar auch immer eine Option. Aber zumindest für mich fühlt es sich nicht richtig an, wenn meine Heldin genau so heißt wie die in einem anderen Buch.

Wenn deine Hauptfigur in dieser Welt lebt oder aus ihr stammen soll, sind Namenslisten dagegen eine super Möglichkeit, etwas passendes für sie zu finden. Gib einfach das Geburtsjahr deiner Heldin + „Babynamen“ oder „Geburtsjahr + Vornamen“ in eine Suchmaschine deiner Wahl ein. Du bekommst garantiert in Sekundenbruchteilen mehrere Listen angezeigt und musst dir nur noch etwas aussuchen.

Ein besonderer Vorteil ist, dass du auch passend zu Region und Zeit suchen kannst. Du brauchst englische Namen aus der Austen-Zeit? Österreichische Namen aus den 1920ern? Die Suche ist dein Freund.

Je nachdem, wie weit du bei deiner Suche in die Vergangenheit zurückgehst, kann es natürlich passieren, dass es keine Listen gibt oder sie schrecklich unvollständig sind. Dann wird die Recherche in Fachbüchern über die entsprechende Zeit leider aufwändiger. Aber wenn du in einem historischen Setting schreibst, ist Recherche wahrscheinlich eh zwischendurch dein zweiter Vorname (ja, der war schlecht).

Abschreiben

Seit Schulzeiten sollten wir eigentlich wissen, dass man das nicht macht. Andererseits hat es in der Fantasy Tradition: Tolkien, ja, genau der Tolkien, hat die Namen der Zwerge im „Hobbit“ einfach direkt aus der mythologischen Schrift „Edda“ übernommen.

Aus der Mythologie abschreiben ist sicher nicht die eleganteste Lösung, aber geht auch. Wie beim Abschreiben in der Schule auch sollte es nur nicht zu offensichtlich sein. Also besser nix mit Artus oder Artemis (außer du schreibst in dem entsprechenden Setting).

Trotzdem würde ich dich bei diesem Punkt um Fingerspitzengefühl bitten und davon abraten, dich allzu großzügig an aktuell praktizierten Religionen zu bedienen, um entsprechend gläubigen Menschen nicht auf die Füße zu treten.

Heilige, Herrscher und andere Promis

Machen wir uns nichts vor, Kinder werden nach Prominenten benannt. Dabei ist es egal, ob es reale oder fiktive Prominente sind. Hermine und Emma sind ein gutes Beispiel, es kann mir niemand erzählen, dass die Hermines und Emmas nicht teilweise nach Hermine aus „Harry Potter“ beziehungsweise der Schauspielerin der Figur, Emma Watson, benannt sind.

Das war in der Vergangenheit nicht anders, nur dass da die Promis nicht aus Hollywood stammten, sondern Herrscher, Heilige oder Mythengestalten waren. In alten Kirchenbüchern gibt es viele Taufkinder mit Heiligennamen wie Maria oder Martin und heute werden immer noch Frauen nach der römischen Jagdgöttin Diana benannt.

Warum sollte ausgerechnet das in Fantasywelten anders sein? Warum sollten Kinder da nicht nach dem aktuellen König oder der berühmten Zauberin aus der Nachbarstadt benannt werden? Die Eltern deiner Heldin hatten doch bestimmt ein Vorbild, nach dem sie ihr Kind benennen konnten, oder nicht?

Wer weiß, vielleicht heißen ja einige zukünftige Kinder in der Welt sogar nach deiner Heldin.

Geschlechterwechsel

Manche Namen ordnen wir fest einem Geschlecht zu. Aber was spricht dagegen, sie so abzuändern, dass sie zu einem anderen Geschlecht zugeordnet würden? Also zum Beispiel aus Leonore Leonoro zu machen oder Matthias in Matthea zu ändern? Ich mache das sehr gerne, besonders mit Fantasynamen.

Spiel mit Buchstaben und Silben

Du kannst auch einen vollkommen neuen Namen erfinden. Schreib Buchstaben oder Silben auf kleine Zettel (oder nimm die Steine aus dem Scrabble) und lege sie in eine Schüssel (oder einen Becher oder den Buchstabenbeutel aus dem Scrabble). Dann rührst du die Zettel mit dem Finger durch und ziehst mit geschlossenen Augen 3 bis 5 davon und legst sie vor dich ab.

Dann machst du die Augen wieder auf und guckst dir an, was da vor dir liegt? Totaler Buchstabensalat wie kljhf? Oder lustiges Silbengemisch wie lalumo? Sehr gut!

Jetzt beginnt der spaßige Teil. Füge in den Konsonantensalat ein paar Vokale ein oder schiebe die Silben hin und her. Sprich laut aus, was da steht. Am Anfang gibt es vielleicht noch einen Knoten in der Zunge, aber wie wir schon festgestellt haben, sollen Namen gut klingen.

Also, wie klingt der veränderte Buchstabensalat? Kalojehafi ist noch nicht gut? Dann mach weiter, wechsel die Vokale durch, schiebe die Silben hin und her. Ansonsten hast du noch weitere Silbenzettel oder Scrabblesteine in der Schüssel, mit denen du spielen kannst. Irgendwann kommt etwas dabei heraus, das dir gefällt und gut klingt. Gib das Ergebnis zur Sicherheit trotzdem einmal in eine Suchmaschine ein, nicht dass dann eine Figur wie eine Automarke oder Kartoffel auf einer südamerikanischen Sprache heißt.

Eine eigene Sprache

Möglicherweise hast du einige Worte in der Sprache deiner Fantasywelt erfunden. Ist ja nicht so selten unter Fantasyautoren, ich kann mich da auch nicht ausnehmen und kenne viele, die viel gründlicher Sprache entwickeln als ich. Mit den einzelnen Worten und Überlegungen hast du gleichzeitig einen super Grundstein gelegt, um daraus auch Fantasynamen für Orte und Figuren abzuleiten.

Es ist natürlich keine Pflicht, Fantasy funktioniert auch sehr gut ohne eine extra entwickelte Sprache. Wenn es für dich dazu gehört, klar, tu es. Aber eine Sprache im Detail zu entwickeln, nur um daraus Namen ableiten zu können, ist vielleicht doch eeeetwas zu viel des Guten.

Geduld

Das war jetzt eine Menge Möglichkeiten, ich hoffe, es ist eine für dich dabei und ich konnte dir etwas weiterhelfen, einen Fantasynamen zu finden.
Aber letztlich ist immer das wichtigste: Geduld.

Es kann dauern, einen guten, stimmigen Namen zu finden. Manchmal funktioniert es sofort und manchmal eben nicht. Wenn es nicht sofort funktioniert, mach dir keinen Druck. Probier herum, aber setzt dich nicht unter Druck.
Wenn du nach einem Tag Herumspielen mit Varianten, Buchstaben und 100 Rechercheseiten immer noch keinen passenden Namen hast, mach eine Pause, bevor du in den Notizzetteln ertrinkst oder deine Heldin Kevine nennst. Der passende Name wird dir schon noch einfallen.
Du hast immerhin bis Schritt 9 der Überarbeitung Zeit, ihn zu finden.

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